Zynga ist neben Google Flu Trends eines der Vorzeigebeispiele für Big Data. Während Google Flu Trends exemplarisch sein soll für die Vorteile von Big Data für eine Gesellschaft (und ihre Gesundheit) repräsentiert Zynga die Versprechen für die Wirtschaft. Data Driven Decision Making hat Zynga innerhalb kurzer Zeit zu seinem millionenschweren Unternehmen gemacht. Wie genau Zynga mit Big Data arbeitet, damit Geld verdient und warum es vielleicht doch kein so gutes Beispiel ist folgt hier.
Das Zynga Prinzip
Die Spielefirma steckt hinter „Farmville“ und anderen in Facebook eingebetteten Spielen, die sich 2009 rasant verbreiteten (ich hab’s auch gespielt). Das Spiel selbst war weder was die Spiellogik (man musste Felder bestellen und einen Bauernhof dekorieren) noch das Spieldesign (statische halb-3D-Perspektive) anging besonders originell. Ohne Expert_in für Online-Games zu sein würde ich behaupten Zynga vor allem zur richtigen Zeit am richtigen „Ort“ und die Viralität der Verbreitung hat sicherlich auch etwas mit dem Facebook Hype zu der Zeit zu tun. Nichtsdestotrotz hatte Farmville nach nur sechs Wochen 10 Millionen User die täglich aktiv waren.
Zynga wird in Big Data Publikationen aber auch nicht wegen seinen Spielen hervorgehoben sondern für die Art und Weise wie sie damit Geld gemacht haben. Das Klick- und Spielverhalten der Spieler_innen wurde nämlich bis ins Kleinste verfolgt und ausgewertet, um darauf aufbauend Spiel- und Produkterweiterungen zu entwickeln. Die Spiele waren im Prinzip frei nutzbar, aber, um etwa die eigene Farm auszubauen, musste man eine Spielwährung einsetzen. Die konnte man sich entweder im Spiel erarbeiten oder gegen die reale Landeswährung (per Kreditkarte) einkaufen konnte. In Mayer-Schönbergergs Big Data Buch wird Zynga’s Geschäftskonzept als „data driven“ bezeichnet und wie folgt beschrieben:
Zynga’s big-data analysts study whether sales of virtual goods are affected by their color, or by players’ seeing their friends using them. For example, after the data showed that FishVille players bought a translucent fish at six times the rate of other creatures, Zynga offered more translucent species and profited handsomely. In the game Mafia Wars, the data revealed that players bought more weapons with gold borders and purchased pet tigers that were all white.
These are not the sorts of things that a game designer toiling in a studio might have known, but the data spoke. “We are an analytics company masquerading as a gaming company. Everything is run by the numbers,” explained Ken Rudin, then Zynga’s analytics chief, before jumping ship to head analytics at Facebook. Harnessing data is no guarantee of business success but shows what is possible.1
Zynga hat also genau beoachtet für welche Dinge die Spieler_innen Geld ausgeben, um eben vermehrt solche Dinge oder ähnliche virtuelle Gegenstände anzubieten und Spiele so zu gestalten, dass die sie möglichst lange dabei bleiben.
In einem anderen Beitrag wird die Weiterentwicklung der Spiellogik beschrieben:
A great example of this data drive decision-making is that they pivoted the use of animals in Farmville 2.0. In the original version of Farmville, animals were merely decoration. However, data showed that more and more people started interacting with the animals and even use real money to buy additional virtual animals. So, in Farmville 2.0 animals were made much more central.2
Die Annahme ist also: Was Spieler_innen einmal gut fanden, finden Sie, wenn man es zweimal anbietet, doppelt so gut. Und wenn nicht, dann bietet man es in anderen Farben an. Wie in den Zitaten beschrieben ist Zynga sogar stolz darauf nicht besonders viele Spieledesigner sondern vor allem Ingenieure zu beschäftigen, die sich mit der Auswertung der Daten beschäftigen. Aus der Infografik rechts erfährt man, dass 40% der Angestellten 2011 Ingenieur_innen waren.
Der nachhaltige Erfolg bleibt aus
Wie in der Branche üblich war Zynga nie besonders erfolgreich in dem Sinn, dass große finanzielle Überschüsse produziert wurden. Wichtig ist es vor allem Investor_innen zu gewinnen (ähnlich finanziert sich auch Kreditech), um Geld für Aufkäufe und Expansion reinzuhilen. Und das gelingt vor allem mit hohen Zuwachsraten beim Umsatz und den Nutzer_innenzahlen3. Das ging auch die meiste Zeit der erst 7 jährigen Firmengeschichte gut. Zwischenzeitlich hatte Zynga nach Zukäufen über 3000 Mitarbeiter_innen4. De Facto hat die Firma aber bisher fast nur Verluste produziert und scheint auch 2013 nur mit Rechentricks und nach Entlassungen einigermaßen profitabel zu sein. 2013 hat Zynga die Hälfte ihrer Userbase verloren und im Januar wurde die Zahl der Mitarbeiter_innen nochmal auf 314 reduziert.
Die Tech-Branche erzählt sich nun Zynga hätte den Wechsel zum Mobile-Gaming verschlafen und ist dann von den Hersteller_innen von Angry Birds und Candy Crush Saga überholt worden. Wie das trotz Big Data und dem detaillierten Spieler_innentracking passieren konnte, wird dabei nicht reflektiert.
- aus V. Mayer-Schönberger and K. Cukier, Big data: a revolution that will transform how we live, work and think. London: John Murray, 2013. [↩]
- Zitat von BigData StartUp.com [↩]
- Daily Active Users = DAU ist die entsprechende Messgröße [↩]
- Viele Statistiken und Infos hab ich in dem sehr guten Wikipedia Artikel zu Zynga gefunden [↩]
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