In einem Radio-Interview hat letzte Woche ein Mitarbeiter von Uber über deren Dynamic Pricing Praxis berichtet. Dazu gehört nicht nur die Frage wie höhere Preise entstehen, sondern auch, wann die Leute bereit sind höhere Preise zu zahlen.
Uber ist in Europa vor allem wegen der vielen Gerichtsverfahren bekannt, mit den Taxidienstleister und Aufsichtsbehörden das amerikanische Unternehmen überzogen haben. Bei Uber kann sich im Prinzip jede*r mit Führerschein und eigenem Auto registrieren und Menschen durch die Gegend fahren. Die komplette Vermittlung, Buchung, Bezahlung und auch Navigation übernimmt dabei Uber mit einer App, die sowohl Fahrer*in als auch Fahrgast auf ihrem Smartphone haben müssen.
Uber hat in den USA in einigen Städten Taxis radikal vom Markt gedrängt, ist aber in vielen anderen Teilen der Welt mit eben dieser Marktradikalität an rechtliche Grenzen gestoßen. Aber auch die interne Praxis der Fahrdienstvermittlung läuft bei Uber nach Marktprinzipien. So gibt es seit einigen Zeit eine Art Dynamic Pricing die Price Surge (ungefähr „Preiswellen“) heißt und bei dem Angebot und Nachfrage den Preis bestimmen.
Dynamic Pricing
Dabei testet Uber jedes neue Feature erst in einer Stadt oder einem bestimmten Bereich und schaut sich dann in den erhobenen Daten an, wie sich die Strategie bewährt. Interessant ist, dass Uber sowohl Fahrer als auch Gäste als Kund*innen sieht und damit bei jeder Anpassung die Effekte auf beiden Seiten beobachtet. Als Dynamic Pricing eingeführt wurde, wurde also nicht nur darauf geachtet wie die Fahrgäste auf (meist) höhere Preise zu Stoßzeiten reagieren, sondern auch die Fahrer, die von diesen höheren Preisen auch einen größeren Anteil bekommen. Die marktrationale Idee dahinter: wenn man zu Stoßzeiten mehr Geld verdienen kann lockt das mehr Fahrer was wiederum die Preise sinken lässt. Und in einer Studie ihrer eigenen Daten konnte Uber dann zeigen, dass die Uber Fahrer längere Schichten schieben, wenn sie dafür mehr Geld kriegen1, das ganze wird dann noch in Relation zu einer älteren Studie zu Taxis gesetzt bei der die Taxifahrer weniger an der Nachfrage als ihrem gesetzten Tagesziel orientiert gefahren sind. Man kann also auch die Erkenntnis gewinnen, dass Prekarisierung und die Betonung Marktprinzipien eben jene bestätigen.
Chilling Effects beim Surge Pricing
Auf der Suche nach der Bestätigung der eigenen Vorgehensweise berichtet der bei Uber beschäftigter Psychologe Keith Chen über die Auswirkungen der Preisdynamisierung. Eine der Hauptkritikpunkte des Dynamic Pricing ist vor allem die Intransparenz, die zu hoher Ablehnung führt. Während Uber bei der Transparenz punktet, zeigt sich laut Chen in den Daten auch, dass Surge Pricing zu Beginn auf viel Ablehnung gestoßen ist, sich aber schnell ein Chilling Effect eingestellt hat. Die Fahrgäste haben sich an die schwankenden Preise gewöhnt haben und die Zahl der Buchungen nahm wieder zu.
Akku leer, Kasse voll
Weitere Erkenntnis der Uber Analyse die in dem Radiointerview genannt werden sind im übrigen:
- wenn die Preiserhöhung nicht „rund“ ist (also 2.1 statt 2.0) führt das zu mehr Buchungen. Chen erklärt dies mit dem Vertrauen der Nutzer*innen an einen klugen Algorithmus, während runde Zahlen als unzureichende Komplexität gedeutet werden.
- wenn der Akku leer ist sind die Leute bereit mehr zu zahlen, schließlich müssen sie buchen bevor das nicht mehr geht. Uber gibt natürlich an das nicht zu benutzen um höhere Preise zu kalkulieren (wobei das natürlich Sinn machen würde aus Marktsicht)
Nicht vergessenen sollte man, dass dieser ganze Markt vor allem in der gut situierten junge Leute in Großstädte und mit iPhones funktioniert. Wer ohne Internetzugang auf dem Handy ist oder kein Kreditkarte besitzt findet sich auf der anderen Seite des Digital Divide und hat vielleicht sogar Probleme sich zu bewerben.
- Chen, M. K., & Sheldon, M. (2015). Dynamic Pricing in a Labor Market: Surge Pricing and Flexible Work on the Uber Platform. [↩]
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