Bei Zeit Online gibt es einen längeren Bericht über predictive policing und PRECOBS, der die Zweifel an der Wirksamkeit solcher Vorhersagesoftware stärkt. Ähnlich der Studie die ich hier vorgestellt habe gab es auch in Nürnberg nur einen kurzeitigen Erfolg und anschließender Ernüchterung.

In Nürnberg hofft man auf eine Wirkung, ist sich aber nicht sicher. Im Herbst 2014 sank dort die Zahl der Einbrüche, obwohl in der dunklen Jahreszeit immer mehr eingebrochen wird als im Sommer. Die Polizei frohlockte schon, dass Precobs helfe. Aber „im Dezember gingen die Fallzahlen wieder deutlich nach oben“, sagt Kriminaldirektor Geyer. […]

In Nürnberg haben sie beispielsweise viele Einbrüche beobachtet, die Precobs nicht vorhergesehen hatte. Die Einbrecher suchten neue Gegenden heim und verhielten sich auch sonst nicht so, wie gedacht, obwohl es offensichtlich Serientäter waren. Es brauchte in diesem Moment die Erfahrung der Polizisten, um die Software neu zu justieren. (aus Kai Biermann „Noch niemand hat bewiesen, dass Data Mining der Polizei hilft„, in Zeit Online vom 29.03.2015)

Schwankungen bei der Zahl von Einbrüchen in NRW

Wie stark die Zahl der Einbrüche auch ohne spezifische Maßnahmen wie  predictive policing  schwankt geht aus der Antwort auf eine kleine Anfrage im Landtag NRW hervor (Drucksache 16/8287) die gerade veröffentlicht wurde.

Entwicklung der Einbruchszahlen in NRW von 2010 bis 2014

Entwicklung der Einbruchszahlen in NRW von 2010 bis 2014 aufgeteilt nach Regierungsbezirken

Im Durchschnitt andern sich die Zahlen im Berichtszeitraum um 10%1 im RB Münster und im kleineren Detmold sogar um 12%. Im Gegensatz dazu sind die Einbruchszahlen in Düsseldorf (4%) und Köln (3%) relativ stabil.  Auf der Ebene der Kreise sind die Zahlen teilweise noch krassen und schwanken im Durchschnitt um 16%. Es ist also nicht überraschend, wenn bei kleinen Fallzahlen plötzlich große prozentuale Rückgänge (oder Zuwächse) im zweistelligen Bereich auftreten.

Neue Zahlen aus Zürich

• Rückgang der Einbrüche stadtweit 7% [..]
• Rückgang der Einbrüche in Precobs-Gebieten durchschnittlich 15%
(Medienkonferenz zur Kriminalstatistik Kanton Zürich 2014 – Präsentation – Folie 15)

In Zürich haben sie für letzten Herbst in einzelnen Stadtteilen in denen PRECOBS eingesetzt wurde einen Rückgang von 30% ermittelt, was der Auslöser für den ersten Hype um die Software war. Jetzt ist vor einigen Tage die Kriminalstatistik für das Kanton Zürich erschienen und von durchschlagenden Wirkung ist nicht allzuviel übrig geblieben. In der Präsentation für die Medienkonferenz (siehe Zitat oben) wird trotzdem ein Erfolg hervorgehoben.

Entwicklung der Zahl von Einbrüchen in den Züricher Bezirken

Entwicklung der Zahl von Einbrüchen in den Züricher Bezirken

Insgesamt ist die Zahl der Straftaten allerdings in fast allen Bereichen in Zürich seit Jahren rückläufig. Die ausführliche Statistik zeigt – im Gegensatz zu den (vermutlich stark gerundeten) Zahlen aus der Präsentation für die Presse – für die gesamte Stadt einen Rückgang von 8,3% (S.24). 15% durchschnittlicher Rückgang in den PRECOBS Gebieten (welche genau das sind und wie die absoluten Zahlen aussehen ist unklar) bedeutet also auch hier vor allem: keine signifikante Verbesserung. Ich würde das „durchschnittlich“ eher so deuten, dass es einige Gebiete mit wesentlicher geringeren Abnahmen (oder sogar Zunahmen?) gab. Interresant auch: In Winterthur, das separat in der Statistik aufgeführt wird und in der PRECOBS meines Wissens nach nicht eingesetzt wurde, ging die Zahl der Einbrüche um 20,7% zurück (S.26).

  1. gerechnet hab ich die Standardabweichung in Prozent des Durchschnitts der absoluten Zahlen []